warenwirtschaftssysteme Warenwirtschaftssysteme | @Nataliya Vaitkevich | pexels.com

Warenwirtschaftssysteme (WWS) sind computergestützte Systeme zur Steuerung des Warenflusses – erfasst werden dabei Bestands- und Bewegungsdaten. Ursprünglich wurden sie vor allem in großen Handelsunternehmen eingesetzt. Jedoch können auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von der Digitalisierung ihrer Warenwirtschaft in hohem Maße profitieren.

Was ist Warenwirtschaft?

Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Warenwirtschaft als die Summe aller Tätigkeiten, um den Warendurchfluss zu steuern. Inkludiert sind hier alle physischen Warenbewegungen nach Wert und Menge sowie alle für ihre Durchführung erforderlichen personalen, finanziellen und sachmittelbezogenen Prozesse. Wichtige Teilaufgaben und Ziele der Warenwirtschaft sind:

  • Sicherstellung der Materialversorgung für die Produktion in der erforderlichen Menge und Qualität
  • Steuerung von Wareneingang und Warenausgang
  • Lagerhaltungsmanagement
  • Sicherung und Überwachung der Kosteneffizienz aller warenwirtschaftlichen Prozesse.

Was sind Warenwirtschaftssysteme?

Ein Warenwirtschaftssystem bildet diese Prozesse auf digitalem Wege ab. Als zentrales Steuerungselement der Warenwirtschaft erfasst es alle dafür relevanten Daten. Neben warenwirtschaftlichen Kennzahlen liefern WWS auch Daten zur Steuerung der Lieferanten- und Kundenbeziehungen. Sie ermöglichen die Optimierung von Prozessen und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Die integrierten betriebswirtschaftlichen Auswertungsfunktionen helfen dabei, die finanzielle und allgemeine geschäftliche Entwicklung lückenlos zu überwachen.

Warenwirtschaftssysteme werden in den Branchen Handel und Logistik ebenso wie in produzierenden Unternehmen eingesetzt. Auch im E-Commerce sind sie heute unverzichtbar, um die Daten verschiedener Verkaufskanäle auf einer zentralen Plattform zu integrieren.

Aufbau von Warenwirtschaftssystemen

Warenwirtschaftssysteme verfügen über die folgenden Funktionsbereiche:

  • Einkauf – Verwaltung von Bestellungen und Angeboten, Disposition, Reklamation
  • Verkauf – Management von Kunden- und Verkäuferdaten, Planung und Überwachung von Aktionen, Retouren, Überwachung aller anderen verkaufsrelevanten Daten
  • Wareneingang – Rechnungsprüfung, Warenannahme und -kontrolle
  • Lager – Warenauszeichnung, Lagerplatz- und Lagerbestandsverwaltung, Umlagerungen, Abwicklung von Inventuren
  • Warenausgang – Auftragsbearbeitung, Kommissionierung und Warenausgangskontrolle, Versandabwicklung.

Viele Warenwirtschaftssysteme sind darüber hinaus mit weiteren Funktionen ausgestattet. Hierzu gehören beispielsweise:

  • Mitarbeiterverwaltung
  • Provisionsabrechnung
  • Verwaltung von Projekten
  • Schnittstellen zu anderen Systemen (Buchhaltung und Rechnungswesen, Logistikplanung, Onlineshops, digitale Marktplätze etc.).
  • Mobile Anwendungen, beispielsweise für
  • CRM (Customer Relation Management), falls diese Funktion nicht bereits in das WWS integriert ist.

Gängige Warenwirtschaftssysteme verfügen mindestens über die Funktionsbereiche Stammdatenverwaltung (Leistungen, Kunden, Artikel, Lieferanten), Einkauf, Verkauf (Angebotserstellung und Auftragsabwicklung) sowie Lagerverwaltung. Vor allem WWS für die Verwendung in KMU folgen einem modularen Aufbau, so dass es möglich ist, sie flexibel an neue Anforderungen und Prozesse anzupassen.

Arten von Warenwirtschaftssystemen

Software für Warenwirtschaftssysteme gibt es in unterschiedlichen Varianten:

Geschlossene Warenwirtschaftssysteme decken mindestens die Grundfunktionen ab, können jedoch auch weitere Module enthalten. Die gesamte Warenwirtschaft wird zentral verwaltet. Schnittstellen zu anderen Systemen sind nicht vorgesehen.

Bei offenen Warenwirtschaftssystemen wird mindestens ein warenwirtschaftliches Modul durch ein anderes System innerhalb des Unternehmens abgedeckt. Mit dem WWS sind solche externen Systeme durch digitale Schnittstellen verbunden.

Integrierte Warenwirtschaftssysteme enthalten alle für das jeweilige Unternehmen relevanten warenwirtschaftlichen Module sowie Schnittstellen zu anderen Funktionen. Hierbei kann es sich auch um Anbindungen an unternehmensfremde Systeme (Lieferanten, Banken) handeln.

Unterschiede Warenwirtschaftssysteme und ERP-Systeme

Die Begriffe Warenwirtschaftssystem und ERP (Enterprise Resource Planning)-System werden in der Praxis häufig synonym verwendet, jedoch gibt es zwischen den beiden Systemen wesentliche Unterschiede. Ein WWS übernimmt ausschließlich die digital gestützte Steuerung und Überwachung der Warenwirtschaft, während ein ERP-System sämtliche Geschäftsbereiche steuert. Neben der Warenwirtschaft sind in ein ERP-System auch die Funktionsbereiche CRM, Finanzbuchhaltung, Controlling, Marketing, Vertrieb, Personal sowie Projektmanagement integriert. Der Leistungsumfang eines ERP-Systems ist gegenüber einem WWS somit deutlich umfangreicher.

Vorteile der Warenwirtschaftssysteme

Durch ein Warenwirtschaftssystem werden sämtliche Warenflüsse in einem Unternehmen auf effiziente Weise abgebildet. Alle relevanten Daten werden zentral erfasst und können für individuelle Auswertungen abgerufen werden. Vorteile ergeben sich daraus vor allem in den folgenden Bereichen:

  • Prozessoptimierung und Zeitersparnis: Aufwändige warenwirtschaftliche Prozesse werden gestrafft und auf digitaler Basis abgewickelt. Routineabläufe – beispielsweise die Erstellung von Angeboten und Rechnungen – werden weitgehend automatisiert.
  • Zentrale Datenverwaltung und Echtzeit-Abruf: Alle waren- und lagerwirtschaftlichen Daten innerhalb des Unternehmens werden standortunabhängig zentral verwaltet. Die Datenübertragung erfolgt in Echtzeit und ist in hohem Maße fehlerresistent. Ebenso ist der Abruf von Daten in Echtzeit möglich. Das Ergebnis besteht in ungehinderten Informationsflüssen und maximaler Transparenz.
  • Optimaler Überblick über Finanzen und Ressourcen: Die fortlaufende Verfügbarkeit aktueller Daten ermöglicht hohe Planungseffizienz. Die betriebswirtschaftlichen Auswertungsmöglichkeiten der Systeme liefern eine valide Datenbasis für strategische Entscheidungen im Unternehmen.
  • Verbesserung der Kundenzufriedenheit: Durch ein WWS werden Lieferengpässe vermieden, Unternehmen können schneller auf die Wünsche und Bestellungen ihrer Kunden reagieren.
  • Reduktion finanzieller Einbußen: Ein WWS ermöglicht eine passgenaue Steuerung von Lagerhaltung und Beschaffung.

Wie Prozessoptimierungen durch ein Warenwirtschaftssystem funktionieren, machen die folgenden Beispiel deutlich. Ohne WWS verfügen weder der Vertrieb noch die Einkaufsabteilung eines Unternehmens über direkte Informationen über die im Lager vorhandenen Bestände. Bei Bestellungen muss das Verkaufspersonal mit den Mitarbeitenden im Lager klären, ob der gewünschte Artikel dort vorhanden ist, eventuell ist auch der konkrete Lagerort des Produktes zunächst nicht klar. Wenn ein Warenwirtschaftssystem vorhanden ist, erfolgt der Abruf des Artikels dagegen automatisch – das WWS zeigt an, ob er vorhanden ist und wo er sich befindet, die Kommissionierung wird per Mausklick angewiesen. Für den Einkauf ist dagegen wichtig, zu wissen, ob Artikel fortlaufend benötigt werden oder vor allem kostenrelevante Lagerflächen blockieren. Ein Warenwirtschaftssystem gibt darüber in Echtzeit Auskunft. Hierdurch werden zum einen Engpässe vermieden, zum anderen sind Sortimentsbereinigungen auf einer effizienten Basis möglich.

Nachteile von Warenwirtschaftssystemen

Nachteile von Warenwirtschaftssystemen resultieren insbesondere aus der Softwareauswahl. Beispielsweise müssen Unternehmen, die ein Warenwirtschaftssystem implementieren wollen, entscheiden, ob sie dabei auf Individualsoftware, Branchenlösungen oder kaufmännische Standardsoftware setzen wollen. Individualsoftware ermöglicht maßgeschneiderte Unternehmenslösungen. Allerdings resultiert daraus eine hohe Abhängigkeit vom Entwickler. Systemerweiterungen sind in der Regel nur mit hohem Aufwand möglich. Bei der Nutzung von kaufmännischer Standardsoftware sind häufig fehlende Individualisierungsmöglichkeiten problematisch. Branchensoftware ist für viele Firmen eine optimale Lösung – bei der Wahl des Anbieters ist vor allem die Verfügbarkeit von Supportdienstleistungen von Bedeutung.

Das richtige Warenwirtschaftssystem finden

Zudem müssen Warenwirtschaftssysteme, die ihren Zweck in optimaler Form erfüllen, entsprechend der Größe und der tatsächlichen Anforderungen der Verwender dimensioniert sein. Unternehmen finden auf dem Markt eine Vielzahl möglicher Systeme und müssen eine Entscheidung treffen, welches WWS ihren Anforderungen optimal entspricht. Viele große Unternehmen setzen auf komplexe und in der Regel stark individualisierte Systeme. Für KMUs ist dagegen eine schlanke, flexible und skalierbare digitale Warenwirtschaft wichtig. Sie bieten alle Funktionen, die kleine und mittlere Unternehmen für eine effiziente Digitalisierung ihrer Warenwirtschaft brauchen.